so’n paar autonome sturköpfe: Zur Einlassung eines Beschuldigten im Breite Straßen Verfahren

Bei Indymedia findet sich eine Stellungnahme zur Einlassung im Breite Straße Verfahren die wir hier Dokumentieren. Das Original findet sich hier: https://linksunten.indymedia.org/de/node/182691

Am 22.Prozesstag hat einer der Angeklagten eine Einlassung gemacht, in der er ein Geständnis abgelegt und zugegeben hat im Haus gewesen zu sein und Gegenstände auf die Polizisten geworfen zu haben. Auch wenn wir uns die vermutliche subjektive Seite dieser Entscheidung erklären können, halten wir die Einlassung für fatal.

Taktisch gedacht soll die Aussage vermutlich die Verurteilungswahrscheinlichkeit senken und eine mögliche Knaststrafe verhindern.

Trotzdem setzt die Einlassung ein politisches Zeichen, dass sowohl im laufenden Prozess als auch in weiteren Verfahren Konsequenzen haben wird. Schon direkt nach der Einlassung hat der Richter versucht, auf die übrigen 4 Beschuldigten Druck aufzubauen, ebenfalls Aussagen zu machen. Die 4 weigern sich aber weiterhin, das Spiel des Gerichtes mitzuspielen.

Also erste Konsequenz ist, dass die Gruppe bewusst gespalten worden ist. Inwieweit die Beschuldigten den Prozess kollektiv vorbereitet haben, wissen wir nicht. Aber bis jetzt sind sie durch ihr konsequentes Schweigen als Einheit aufgetreten. Jetzt gibt es einen geständigen kooperativen Angeklagten und den Rest der weiterhin schweigt. In den Augen des Gerichts ist das die ganz simple Aufteilung in gut und böse. Steht zu befürchten, dass möglicherweise eine Knaststrafe verhindert worden ist, aber das Verurteilungsinteresse wegen der Nichtkooperation gegenüber den anderen 4 gestiegen ist.

Auch in kommenden Verfahren werden sich Gerichte subjektiv und objektiv auf diese Entwicklung beziehen. Droht der Justizapparat nur stark genug, dann werden Angeklagte schon mitspielen, um ihren Kopf aus der vermeintlichen Schlinge zu ziehen. Wenn sie nicht mitspielen, dann wird erst Recht verurteilt. Das ist das Signal, dass jetzt gesendet wird und es wird für Antirepressionsstrukturen viel Arbeit bedeuten, diesen Schaden in linken Strukturen zu begrenzen.

Eine Prozessstrategie, die nur zum Ziel hat um jeden Preis eine individuelle Verurteilung zu verhindern und dabei politische Zielsetzungen ignoriert und kollektive Strukturen untergräbt, hat in politischen Prozessen keinen Raum. Politische Prozesse sind keine Privatangelegenheit. Prozessstrategien und Öffentlichkeitsarbeit sind auch Aufgaben von politischen Zusammenhängen. Beschuldigte, die sich einzig um ihre Zukunft sorgen und dafür kollektive Diskussionen negieren, stellen sich außerhalb jeder politischer Dimension.

Obendrein ist die Einlassung ein Schlag ins Gesicht all derer, die in Prozessen geschwiegen und nicht kooperiert haben und dafür verurteilt wurden oder eingefahren sind. Es ist notwendig immer wieder zu betonen, dass Leute sich im Vorfeld Gedanken über Repression und Konsequenzen machen müssen. Wenn die angedrohten Konsequenzen wie Knast nicht aushaltbar erscheinen, ist es nicht sinnvoll, sich an Aktionen zu beteiligen, die genau das bedeuten können.

Unsere Strukturen sollten von Kollektivität und Solidarität leben. Nicht erst vor Gericht und vor allem sollten Kollektivität und Solidarität nicht im Angesicht des Richters aufhören.

Niemand fährt gerne ein, erträgt gerne eine Bewährung oder bezahlt gerne eine saftige Geldstrafe. Aber in dem Moment, in dem wir den Staat herausfordern, wird er mit seinen Mitteln zurückschlagen. Eine individuelle Strafe ist immer nur ein Teil von Repression. Jede mögliche Verurteilung hat eine politische Dimension, die in der Zukunft auf andere wirken soll. Ein individueller Umgang mit dieser Bedrohung, orientiert an individuellen Bedürfnissen und Ängsten, untergräbt einen solidarischen und kollektiven Umgang miteinander.

Wir vermissen eine Erklärung, wie es zu dieser Einlassung gekommen ist. War sie überlegt und in Strukturen diskutiert? War es eine Gruppenentscheidung? Was war Sinn und Zweck der Übung? Was denkt der geständige Angeklagte über die Konsequenzen?

Zeugin rudert zurück

Am selben Prozesstag war im Gericht eine Zeugin aus dem ehemaligen Umfeld der Beschuldigten geladen, die mehrere Beschuldigte in einer ersten Vernehmung durch den Staatsschutz schwer belastet hatte.

Auch wenn sie jetzt vor Gericht Schadensbegrenzung betrieben und die Aussagen aus dem Verhör relativiert oder zurückgenommen hat, ist der angerichtete Schaden durch die Aussagen enorm. Ihre Aussagen haben zu monatelanger U-Haft geführt, sie hat intern zu großer Verunsicherung und Misstrauen untereinander beigetragen und während der ganzen Zeit bis zu ihrer Aussage jetzt hat sie sich in keiner Weise verhalten. Auch wenn sie anscheinend eher einer Partyfraktion angehört, hat sie sich ins Aus geschossen. Vertrauen wiederherstellen hätte gleich nach ihrer Vernehmung vielleicht noch geklappt. Nach fast zwei Jahren, angesichts von Leuten im Knast und eines Riesenprozesses, der auch auf Grund ihrer Aussagen zustande gekommen ist, ist der Bruch nicht rückgängig zu machen.

Wir wollen F. nicht mehr in unseren Räumen oder Strukturen sehen.

 

so’n paar autonome sturköpfe

 

 

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22. Prozesstag – 6.6.2016 – Einlassung, Hausmeister und Zeugin aus dem früheren Umfeld einiger Beschuldigter

Der Tag beginnt damit, dass Richter Halbach den Sonderband Elektropherogramme herum gibt für den nächsten Termin (Bilder von DNA).

Danach verliest er seinen Vermerk vom 31.5. In diesem berichtet er vom unangekündigten Auftauchen eines Anwalts der Verteidigung in seinem Büro. Dieser kündigte ein umfassendes Geständnis des von ihm vertretenen Angeklagten an und erwähnte, dass er die Ladung von Florenzia Felsendorff für nicht nötig hält. Zudem berichtete der Anwalt von einem Gespräch mit der Staatsanwaltschaft, die nun prüfe ob ein zusätzlicher Vorwurf (eine Sachbeschädigung in anderer Sache) wegen Geringfügigkeit eingestellt werden könne. Halbach sagte nichts zur Sache und informierte den Anwalt noch am selben Tag, dass er die Zeugin auf jeden Fall hören wolle.

Halbach fragt, ob die Verteidigung wie angekündigt etwas sagen wolle. Der einzige Beschuldigte, für den auf jeden Fall Erwachsenen-Strafrecht gilt, lässt daraufhin von seinem Anwalt eine Einlassung vorlesen.

Er gibt zu, dass die Vorwürfe, er sei derjenige der Waschbeckenteile geworfen und einen Farbeimer ausgeschüttet zu haben, zuträfen. Auch der Besetzungsvorwurf sei grundsätzlich richtig. Bewurf von schweren Gegenständen habe er nicht mitbekommen. Er habe damals und auch heute schwere Verletzungen ausgeschlossen. Sollte jemand verletzt worden sein möchte er sich entschuldigen. Von einer brennbaren Flüssigkeit im Treppenhaus habe er nichts gewusst und andere hätten auch nicht darüber gesprochen. Anfänglich waren sehr viele Leute im Haus.
Die Sache sei aus dem Runder gelaufen, damals sei er quasi obdachlos gewesen, bei gleichzeitigem Leerstand. Mittlerweile hätte er die Einsicht, dass es sinnvollere Wege gäbe damit umzugehen.

Richter Halbach nutzt die Einlassung um Druck aufzubauen, dass die anderen Beschuldigten sich ebenfalls einlassen sollten. Das Verfahren werde noch eine Weile dauern und auch bei Jugendlichen sei eine Kostenfolge möglich wenn auch nicht üblich.
Bis zur kommenden Sitzung solle die Verteidigung sich dazu verhalten.

Als erster Zeuge wird der Hausmeister Holger Haagen, 54 Jahre, aufgerufen. Er gibt an seit 8 Jahren für den ehemeligen Hausbesitzer Scheffler zu arbeiten. Die Häuser in der Breite Straße habe er gegen Ende aus Kulanz kostenlos mit betreut, da, weil sie leer seien, kaum Arbeiten angefallen wären.

An seinem Verhör sind vor allem zwei Dinge auffällig:

Er scheint sich abgesprochen zu haben. In wesentlichen Punkten sagt er auffällig das Gleiche wie Herr Scheffler. Diesen will er aber das letzte Mal vor dessen Verhör gesehen haben, zufällig im Treppenhaus, da er auch dessen Wohnhaus betreue. Beispielweise gibt er genau wie Scheffler an die Sicherungsmaßnahmen nach einer Demo begonnen zu haben, die ein halbes Jahr vor der Besetzung gewesen sei. Tatsächlich war die beschriebene Demo eineinhalb Jahre vorher.

Er sagt an vielen Stellen eine andere Version aus als Scheffler. Die Eingangstür ist durch Balken gesichert, nicht durch Platten. Scheffler hat die Sicherungsarbeit nie abgenommen, sondern lediglich zwei Fotos von ihm geschickt bekommen, ins Haus sind sie nicht durch den Schacht in den Keller auf der Rückseite gelangt, sondern durch ein rückseitiges Fenster in einen ehem. Laden im Erdgeschoss, das Treppengeländer war aus Metall usw.
Interessant ist auch, dass der Tischler, wahrscheinlich mit Kolleg_innen, im Haus war um die Dielen großflächig rauszuholen. Der Haagen hatte ihm telefonisch mitgeteilt wie er ins Haus gelangen kann und selber nicht dabei.

Weiteres zum Komplex Haus“eigentümer“ Scheffler und Hausmeister Haagen findet sich bei Anna Elbe.

Am Nachmittag war Florenzia Felsendorff, 20 Jahre, als Belastungszeugin geladen, als Beruf gibt sie Barkeeperin an. Sie befand sich früher im Umfeld einiger Beschuldigter. Sie hat mehrfach bei der Polizei ausgesagt und dabei mehrere der Beschuldigten belastet.
Die Verteidigung weist Richter Halbach darauf hin, dass bei der Zeugin ein Aussageverweigerungsrecht nach §55, der Möglichkeit der Selbstbelastung, bestehe. Halbach gibt an dieses nicht zu sehen und darum auch nicht darauf hinzuweisen.

Zu Beginn wirft die Zeugin die Frage auf warum sie hier sei, da sie zum Tatzeitpunkt im Bett gelegen habe. Außerdem habe sie sich schon vor der Besetzung aus dem Verein zurückgezogen, in dem sie mit einigen der Beschuldigten im Vorstand gewesen sei.

Bei ihrer Zeuginnenbefragung durch Halbach gab sie nun an bei der ersten Aussage betrunken aus Wut und Eifersucht ausgesagt zu haben. Sie war ca.1/2 Jahr mit dem Beschuldigten der die Einlassung gemacht hat zusammen, er hätte sie betrogen, eine Trennung sei nie schön. – Ihre Aussage hatte zu seiner Festnahme und den darauf folgenden ca.6 Monaten U-Haft gesorgt.
Eigentlich hätte sie aber weder vor der Besetzung noch danach wirklich etwas gewusst. Die Bilder der Festgenommenen habe sie in der Zeitung gesehen, aber bei Bildern von Vermummten während der Besetzung keine Person erkannt. Ansonsten hatte sie Gerüchte gehört. Andere Aussagen wären allgemein gesprochen gewesen.

Halbach fragt welche Gerüchte sie denn gehört habe, eine Frage die die Verteidigung beanstandet da sie keine Mittelbarkeit zur Hauptverhandlung hat. Halbach will bei der Frage bleiben und nach einem somit nötig gewordenen Gerichtsbeschluss weist er die Beanstandung zurück und fragt nach von wem sie das gehört habe.
Die Zeugin gibt an, dies nicht mehr zu wissen und dass sie versuche das so weit es geht zu verdrängen. Ja, sie kennt den Angeklagten, sie hat mit ihm eine Beziehung geführt die weniger als sechs Monate ging und Anfang 2014 endete.

Halbach fragt nach dem Polizeibesuch im Jugendtreff Sulldorf.
Sie gibt an, dass sie damals bei einem Geburtstag gewesen sei und nicht ganz nüchtern. Ihre Aussage sei der Wut und dem Alkohol geschuldet gewesen, Ein Beziehungsende sei nie schön.

Halbach fragt der Reihe nach ob sie die anderen Betroffenen kenne. Sie gibt an mit einem im Vereinsvorstand gewesen zu sein, sie hätten zusammengearbeitet und seien befreundet gewesen. Zwei andere seien auch in dem Verein gewesen. Der Verein hieße Nutz(t)raum und habe sich mit der Zwischennutzung von Leerstand in Hamburg beschäftigt. Ihr Projekt sei das B20 gewesen, ein altes Autohaus mit 2.500m², das sie mit Leben gefüllt hätten. Sie hätten es entkernt, neue Wände gezogen etc. und Musikveranstaltungen und Partys gemacht. Die Betroffenen aus dem Verein kannten sich untereinander. Sie sei in Sülldorf davon ausgegangen nicht betrunken zu sein.

Halbach will wissen ob sie im Vorfeld von Planungen der Angeklagten gehört habe.
Sie verneint, etwa zwei bis drei Monate vor ihrem Geburtstag – Halbach wirft ein dies sei der 3.9.1995 – sei sie raus aus dem Verein. Nach der Besetzung habe sie Bilder in der Mopo gesehen und auf den Festnahmebildern habe sie natürlich Leute erkannt.

Halbach will wissen ob sie nach der Hausbesetzung gehört hat wer teilgenommen habe.
Sie sagt aus die Vornamen hätten ja in der Zeitung gestanden, sie habe sich nicht damit beschäftigt, sich auf die Schule und ihr Fachabi konzentriert.

Halbach fragt nach der Vernehmung.
Sie berichtet sie saßen drinnen und sie wurde von zwei Polizisten befragt. Ihr wurden Fragen gestellt und Bilder gezeigt aber sie hat keine Erinnerung. Sie hat gemeint, den Betroffenen zu erkennen mit dem sie zuvor eine Beziehung hatte, aber ist sie sich nicht sicher. Sie wollte ihn vielleicht auch erkennen.

Halbach fasst zusammen, ‚mit anderen Worten: Vielleicht haben sie ihm damals eine reinwürgen wollen, weil sie sauer waren und besoffen‘ worauf die Zeugin antwortet ‚so in etwa‘.

Habach fragt ob sie noch wen anders erkannt habe was sie verneint.

Halbach fragt ob sie Angst habe und bedroht wurde. Sie gibt an nicht körperlich bedroht worden zu sein und weist ihn darauf hin, dass er vielleicht mal in die Akte schauen solle. Halbach will nicht gucken, sondern es hören und sie berichtet von zwei bedrohlichen SMS nach ihrer 1. Aussage bei der Polizei. Diese habe sie bei der Polizei gemeldet.
Halbach verliest zwei Fotografien der SMS und stellt Fragen danach was sie bedeuten.

Die Zeugin gibt an, dass es danach keine schriftlichen Drohungen mehr gegeben habe, aber sie merke natürlich die Abneigung die ihr von verschiedenen Menschen entgegengebracht werde. Es habe keine weiteren Drohungen gegeben, nur Ausschluss von Events. Auch im Vorhinein auf ihre heutige Aussage sei niemand auf sie zugekommen.

Halbach beginnt Teile aus dem Verhör vorzuhalten. Zur Frage was sie rund um die Besetzung weiß, habe sie damals angegeben, dass drei der Betroffenen beteiligt gewesen seien. Woher sie das gewusst habe.
Sie gibt an, dass sie das aus den Nachrichten gewusst habe, sie habe das nicht angegeben damals, dass sie es aus der Presse habe weil sie nervös gewesen sei.

Halbach hält vor sie hätte ausgesagt, dass sie im Freundeskreis darüber gesprochen habe.
Sie gibt an, dass das Gerüchte gewesen seien wie sie ja schon gesagt hat. Sie war anfangs zögerlich in ihrer Aussage wegen der ehemaligen sozialen Bindung an den einen Betroffenen. Seinen Namen habe sie dann unter anderem genannt weil sie sauer war.

Halbach hält vor, sie habe ausgesagt im Vorfeld davon gewusst zu haben und versucht zu haben die Aktion auszureden.
Sie gibt an damit die Squatting Days gemeint zu haben. Sie habe alle im Verein angesprochen und niemanden besonders. Sie wurde jedoch ignoriert.

Halbach fragt ob sie gehört habe was eingesetzt werden solle, ob sie Gerüchteweise von Feuerwerkskörpern gehört habe. Sie gibt an diese seien doch ein ganz normales Mittel bei Demos und allem.

Halbach hält weiter aus der Aussage vor, sie kenne die Leute und sei davon ausgegangen, dass die nicht nur Federn fallen würden. Sie würden stattdessen “schwere Geschütze” auffahren. Eben auch weil alle vorbestraft waren. Ihr sei klar gewesen, dass “die ins Gefängnis gehen”.
An Richter Halbach gewandt erklärt sie, er müsse sich nur im Saal umsehen. In der linken Szene sei es eher üblich im Knast zu sitzen. Und dass sie nicht gewusst habe was da rausfliegen soll.
Halbach hält weiter vor. S. und die die gefasst worden sind seien es gewesen. Die Zeugin wieder holt sie habe Fotos von den Festgenommenen in der Presse gesehen. Darauf liest Halbach aus der Aussage von einem Gespräch das sie mit den Beschuldigten in einer Ecke der B20 geführt hat.
Die Zeugin sagt es sei eher ein Monolog gewesen.
Die Verteidigung unterbricht die Befragung mit dem Hinweis an Halbach das er schon komplett verhalten müsse, da es um eine nicht stattfindende Party geht.
Daher ergänzt die Zeugin, dass es da wohl um die letzte Party ging und der Vorstand darüber reden musste.

In der weiteren Befragung gibt die Zeugin an, zum Beziehungsende sei es gekommen, weil sie eifersüchtig gewesen sei. Der Angeklagte habe sie mit seiner Ex-Freundin betrogen. Die Eifersucht war der Hauptgrund für das Beziehungsende und seitdem habe sie keinen Kontakt mehr zu ihm. Es sei im Frühjahr 2014 zu Ende gewesen.

Halbach fragt ob sie Ulrich Gehner kenne.
Die Zeugin gibt an, er sei einer der älteren Vorstandsmitglieder gewesen. Am Anfang habe sie sich besser mit ihm verstanden als am Ende. Sie habe nie mit ihm über die Besetzung gesprochen.

Halbach hält ihr aus der 2. Aussage vor, dass sie zu einer anderen Sache nichts sagen wollte, weil sie die Jungs schwer belastet habe, obwohl sie nicht wusste, ob das so passiert ist. Sie ergänzt, dass sie noch einmal über ihre Aussage nachgedacht habe und freiwillig noch einmal zur Polizei sei, um zu sagen dass ihre Aussage auf Gerüchten beruht.

Der Beisitzende Richter will wissen ob sie abgesehen von den Bedrohungen noch mit jemand anders über die Vernehmung gesprochen habe.
Die Zeugin gibt an mit Freund_innen, die nichts damit zu tun haben darüber gesprochen zu haben, weil sie eine Schulter und ein Ohr zum mitteilen brauchte. Sie habe dadurch Kraft und auch Ratschläge bekommen; in erster Linie sich von den Leuten fern zu halten. Inhaltlich hätten sie nicht gesprochen.
Zwischen der zweiten Vernehmung und heute habe sie mit Freund_innen über ihre Ängste und Sorgen gesprochen.

Halbach will wissen ob es einen speziellen Grund für Angst und Sorge gebe.
Sie gibt an, sie sei das erste Mal vor Gericht und sei daher nervös. Auf nachfrage sagt sie, eine Taktik habe sich nicht überlegt, zumal sie nicht wusste, was sie erwarten würde.

Die Staatsanwaltschaft hat keine Fragen.

Der Verteidiger des Betroffenen der die Einlassung gemacht hat hält eine Aussage aus der Vernehmung vor, in der sie gesagt hat, er habe eigentlich immer nette Transparente gemacht und friedliche Aktionen, falls er dabei sich das nicht erklären könne. Die Zeugin bestätigt, dass das so stimmt.

Damit endet die Befragung. Für den nächsten Tag ist die Sachverständige Röscheisen geladen.

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23.Prozesstag – 13.6.2016 – Halbach verliest Vermerke um Zeugen nicht zu laden (scheinbar um das Verfahren gegen den Geständigen abzukürzen) & lässt Bilder in Augenschein nehmen

Halbach beginnt den Tag damit, warum die geladene Zeugin Frau Dr. Röscheisen (DNA-Analyse) heute nicht gehört werden kann. Ihm sei aufgefallen, dass das Material nicht Ausreichend sei, da keine Gutachten Vorliegen. Elektropherogramme interessieren ihn nicht, es würden jegliche Daten zur Zuordnung fehlen.

Als nächstes verließt er die 2 angefragten und eingetroffenen Rechnungen des Hausmeisters Holger Haagen. Eine Rechnung stammt vom 29. August 2014 für die Türverschließung nach der Besetzung von außen mit zwei Spanplatten. Sie beläuft sich auf 306,- € dahinter steht in rot 8.400,-€. Die andere stammt vom 12. August 2014, ebenfalls zur Türverschließung, vor der Besetzung und von innen. Es werden 188,57€ in Rechnung gestellt auch hier in rot 8.400,-€ dahinter.

Dann kündigt er an den Beamten Scheffelmayer nicht laden zu wollen und stattdessen dessen Vermerk zu verlesen. Ein Verteidiger merkt an, dass dieser nicht verwertet werden darf, da mangels Belehrung in betreffender Situation Verwertungsverbot besteht.
Dies übergeht Halbach, sagt auf den Zeugen zu verzichten, aber zuvor die Verteidigung des geständigen Beschuldigten, fragen zu wollen, ob ein Antrag nach §154 gestellt würde und ob eine Mitangeklagte kleine Farbveränderung an einem Bezirksamt eingeräumt wird. Sie einigen sich, dies beim nächsten Mal zu klären, zumal auf Zeugen in dieser Sache dann verzichtet werden könne.
Der Richter fragt nun, ob allseitig auf Scheffelmayer verzichtet wird. Die Verteidigung einer Person widerspricht, da er aus ihrer Sicht benötigt wird, um ihn zu stattgefundenen Ermittlungsmaßnahmen zu befragen, die nicht in der Ermittlungsakte dokumentiert sind.
Die Verteidigung des Geständigen widerspricht ausgesprochenerweise nicht. Halbach gibt an darüber nachdenken zu wollen und verliest nun den Vermerk des Staatsschutz Beamten Scheffelmayer in Auszügen. Es würde ohnehin nur der Abschnitt 2. benötigt um das Geständnis festzuklopfen.
Der Vermerk stammt vom 13.11.2014. Scheffelmayer (zusammen mit wem anders) meint vor einem alten Bauerhaus in Elmshorn den gesuchten Beschuldigten zu erkennen und telefoniert mit dem in diesem Verfahren zuständigen Staatsanwalt Elsner. Dieser sagt, dass ein Beweismittel wie ein Rucksack einen Haftgrund rechtfertigen würde. Die Beamten sprechen den Beschuldigten an nennen ihm die Vorwürfe der Besetzung Breite Strasse und das gegen ihn wegen versuchten Totschlags ermittelt würde. Dieser nimmt es entspannt und ohne nachfragen auf. Sie fragen, ob sie seine persönlichen Sachen sehen dürften, worauf er bereitwillig einen Rucksack aus dem Haus holt. Sie fragen, ob sie in den Raum dürfen, worauf er sich zu dem entsprechenden Raum führt. Dort wird der Rucksack erneut an vermeintlich die Stelle gestellt, wo er zuvor war und es werden Fotos gemacht. Dann wird der Rucksack beschlagnahmt.
Die Verteidigung merkt erneut an, das ein Verwertungsverbot besteht, da es sich in dem Geschehen um eine Vernehmung ohne Belehrung handelt. Halbach entgegnet, dass das Gericht nicht interessieren würde was der Beschuldigte in der Situation gesagt hat und lässt die vor Ort entstandenen Bilder (von Schlafplätzen, Rucksäcken und den Gegenständen aus dem Rucksack es Beschuldigten) in Augenschein nehmen.
Sämtliche Gegenstände außer dem Rucksack und einem Handy sind bei der Festnahmen und anschließenden U-Haft in die persönliche Habe gegangen.

Die Verteidigung des Geständigen merkt an, dass die Verhaftung im Kontext zu sehen ist. Der Beschuldigte sei auf die Verteidigung zugekommen, da er mitbekommen hatte, dass die Polizei sich über ihn erkundigt. Daher habe er am 23.10.2014 bei der Staatsanwaltschaft gefragt, ob ein Verfahren gegen seinen Mandanten läuft. Am 03.11.2014 habe er erneut gefragt. Ihm wurde gesagt, dass in einer Woche was von Staatsanwalt Elsner kommen würde. Darauf habe er mitgeteilt, dass der Beschuldigte sich dem Verfahren stellen würde. Da Scheffelmayer mit Elsner telefoniert hat, muss dieser gewusst haben, dass der Beschuldigte einen Rechtsanwalt hat und sich dem Verfahren stellen würde. Eine Belehrung über das Recht zu schweigen und seinen Anwalt anrufen zu können hat Scheffelmayer nicht gemacht.

Halbach lässt weiter Bilder angucken, wobei er die Beschriftung der Fotos kommentiert, da sie nicht passt – die Bilder des Festgenommenen zeigen angeblich eine Person mit Brille, obwohl dieser offensichtlich kein Brillenträger ist, das Bild einer Sturmhaube zeigt angeblich eine Tätowierung.
Dann verliest er ein morphologisches Gutachten, das Festnahmebilder mit Bildern einer vermummten Person während der Hausbesetzung vergleicht. Es kommt zu dem Schluss, dass ein Abgleich unveränderlicher Merkmale nicht möglich sei, wenn dann könne nur tendenziell gesagt werden, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass es die gleiche Person ist.
Bis zur Mittagspause werden ca. 110 Bilder in Augenschein genommen und teilweise dazu gehörende Texte verlesen. So wurde zb eine Nachtspeicherheizung zunächst am Flughafen gewogen (91kg) und dann mit Kosten über 100€ entsorgt. Zu Bildern einer Halskette wird ein von Richters unterschriebenen Text verlesen, wobei die Verteidigung anmerkt, dass Aktenkundig ist, dass Richtes keiner Person eine Halskette abgenommen hat.

Nach der Mittagspause gibt es Erklärungen der Verteidigung zu den gesehen Bildern.
So sei nicht zu erkennen, dass ein Videoprint einen Molotowcocktail zeigt, lediglich eine Flamme ist zu sehen und das Ergebnis eines solchen Wurfs (Feuer breitet sich nach aufschlagen der Flasche aus) gab es nicht und ist auch nicht zu sehen. Zudem zeigt das Bild „Täter wirft Waschbecken“ augenscheinlich dass es sich nicht um ein Waschbecken handelt.
Dann werden weiter ca. 415 Bilder geguckt. – Aus der Spurenakte, sowie sämtliche Innenräume der Breiten Strasse 116 etagenweise und der Grünfläche, Luftbilder und eine große Tatortskizze mit eingezeichneten Spuren.

Danach stellt die Verteidigung den Antrag die 2. Durchsuchung der Beschuldigten vor dem Saal fallen zu lassen, da sie nicht Teil der Sicherung zumal alle bereits am Eingang des Gerichts durchsucht werden. Diesem Antrag schließen sich alle an.

In der Folgewoche ist auf 9 Uhr Herr Gehnert (mit dem die Zeugin F.F. vom 22.Prozesstag im Vorstand eines Vereins war und demgegenüber sie Beschuldigte belastet hat, siehe Aussage von Polizist Richters zu Beginn des Prozesses) geladen.

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21. Prozesstag – 30.5.2016 – Fortsetzung des Verhörs des ehemaligen Haus”eigentümers”

Der ehemalige Haus”eigentümer” Scheffler überreicht zu Beginn die persönlichen Daten des damaligen Hausmeisters.

Die Verteidigung fragt, wann entschieden wurde die Häuser Breite Straße 114 und 116 nicht mehr zu erhalten. Das erinnere Scheffler nicht mehr.
Auf Nachfrage gibt er an, sie wurden 2014 verkauft.
Auf die Frage, ob es zuvor schon Verkaufsgespräche gegeben habe, sagt Scheffler, es habe schonmal einen Vertrag gegeben, der jedoch aufgehoben wurde. Das sei „ungefähr 2014“ gewesen.
Die Verteidigung möchte wissen, ob es Gegenstand des Vertrages gewesen sei, dass die Häuser „Mietfrei“ übergeben werden sollten, was Scheffler bejaht.
Auf Nachfrage von Richter Halbach konkretisiert Scheffler, es habe noch ein weiteres Verkaufsgespräch gegeben, die Umsetzung des Vertrages sei „aus Zeitgründen“ gescheitert. Das sei Anfang 2014 gewesen, vor der Besetzung.
Die Staatsanwaltschaft fragt, was zum Zeitpunkt der Besetzung für die Häuser 114 und 116 vorgesehen war. Scheffler sagt, es habe einen Bauvorbescheid geben sollen für „Abriss und Neubau.“
Die Verteidigung fragt, was er damit meine, die Umsetzung sei aus „Zeitgründen gescheitert“.
Der antwortet, die Bedingungen hätten sich geändert, deshalb sei der Käufer vom Vertrag zurückgetreten.
Auf die Frage, welche Bedingungen sich geändert hätten, sagt Scheffler, der Bauvorbescheid hätte vorgelegt werden sollen. Der Aspekt „Mietfreiheit“ habe nichts damit zu tun gehabt.

Nun stellt die Verteidigung Fragen zur „präventiven Räumungsgenehmigung“.
Scheffler erklärt, die Polizei sei zu ein/zwei Gelegenheiten an ihn herangetreten. Einmal sei das im Rahmen einer „Demonstration mit Lichterkette“ vorgekommen. Das sei zu einem Zeitpunkt gewesen, als noch ein Mieter im Haus gewohnt habe.
Die Polizei habe sich nur vergewissern wollen, dass die Türen immer gut abgeschlossen würden.
Die Verteidigung fragt, wie es konkret zur Ermächtigung der Polizei gekommen sei. Ob ihm das durch die Polizei erläutert wurde. Scheffler erwidert, es habe keine Erläuterung gegeben, sie sei für den Fall eingeholt worden, dass der Haus“eigentümer“ nicht erreichbar wäre.
Die Verteidigung fragt, ob er sich vorstellen könne, wie die Polizei für die Räumungsgenehmigung gerade auf ihn gekommen sei – ob alle Hausbesitzer_innen angefragt würden oder nur die „Eigentümer_innen“ von Leerstand. Das könne Scheffler nicht sagen. Er wisse aber, dass das Haus mal für ein „Biergelage“ genutzt worden wäre, es seien entsprechende „Überreste“ gefunden worden. In dem Zusammenhang sei es zu der Ansprache durch die Polizei gekommen.Er selbst habe die Polizei zwei bis drei mal gerufen.
Die Verteidigung hakt nach, was er nach dem „Biergelage“ denn vorgefunden habe. Ob zum Beispiel Schlafsäcke o.ä. darunter gewesen seien.
Scheffler erinnere konkret nur Bier- und Schnapsflaschen. Sonst nichts weiter. Er meint, „gewisse Leute“ würden auch keine Schlafsäcke benötigen, um es sich gemütlich zu machen.
Auf Nachfrage gibt er an, dass die Räumungsgenehmigung auf schriftlichen Wege durch die Polizei angefragt wurde. Rücksprachen dazu seien nicht nötig gewesen, es habe sich um ein vorgeschriebenes Formular gehandelt, welches nur durch den Objektnamen ergänzt wurde.
Den Schriftsatz könne er „eventuell“ nachreichen.
Auf die Frage, warum er den Räumungstitel erteilt habe, antwortet Scheffler, er finde Hausbesetzungen nicht normal, „Eindringlinge“ sollten „eindringlich gebeten“ werden, das Haus zu verlassen. Die Verteidigung fragt, was denn seine Befürchtung sei, wenn Menschen in einem Abrisshaus schliefen. Dazu sagt er, dass Menschen, die sich zu wohl im Haus fühlten, nicht auf eine „Bitte“ hin gehen würden.
Die Verteidigung meint, ein Räumungstitel könne ja nicht als „Bitte“ verstanden werden. Das versteht Scheffler offensichtlich nicht.
Er wird gefragt, ob er auch seine Zustimmung zur Strafverfolgung gegeben habe. Scheffler sagt aus, zum Zeitpunkt der Hausbesetzung habe er das getan. Die Polizei habe ihn zuvor gefragt, ob er Anzeige erstatten wolle.
Auf die Frage, wie oft er denn im Zusammenhang mit den Häusern Breite Straße 114 und 116 Strafantrag gestellt habe, gibt er an, das sei „mindestens ein mal“ vorgekommen. Im Bezug auf das „Biergelage“ glaube er aber, keinen Strafantrag gestellt zu haben.
Scheffler wird gefragt, ob er der Polizei seine Telefonnummer gegeben habe, was er bejaht. Es habe sich um seine Privatnummer gehandelt. Auf die Frage, ob die Polizei explizit nach seiner Nummer gefragt habe, antwortet Scheffler, dass dies der Fall gewesen sei, die Polizei wollte von ihm wissen, wie er „im Extremfall“ zu erreichen wäre.
Auf Nachfrage teilt er mit, dass die Polizei ihn in der Nacht der Besetzung spät abends angerufen habe. Er sei gerade vom Kino gekommen. Die Polizei habe ihn lediglich über die Hausbesetzung informiert, ihn jedoch nicht aufgefordert, vor Ort zu erscheinen.
Die Verteidigung fragt, warum er dennoch vor Ort gewesen sei, was Scheffler mit seinem „Befremden über den Einbruch“ und seinem Verantwortungsgefühl als „Eigentümer“ erklärt.

Scheffler wird zur Begehung nach den „Sicherungsmaßnahmen“ befragt.
Wie er ins Haus gekommen sei.
Der will erinnern, dass auf der Rückseite des Gebäudes Fenster des Hochparterres gewesen seien.
Die Gitter davor habe der Hausmeister „abbiegen“ müssen bzw aufschrauben. Dann seien sie durch das Fenster ins Haus.
Auf Nachfrage gibt er an, dass sich das Fenster auf der Hausinnenseite etwa einen Meter über dem Boden befunden habe. Und dass sie das Haus nach der Begehung auf gleichem Wege verlassen hätten.
Die Verteidigung fragt, wann die Kellertür und der Kellerschacht gesichert worden seien. Scheffler meint, das müsse vor der ersten Besetzung passiert sein. Die Kellertür sei von innen gesichert worden, außerdem die Fenster zugemauert und die Gittertür mit Holztüren verschraubt.
Scheffler wird gefragt, ob es im Haus schon Leerstand gegeben habe, bevor er es gekauft hat.
Der meint, das nicht „von Anfang an“ sagen zu können. Er habe sich erst im Laufe der Zeit näher mit dem Haus beschäftigt. Zu dem Zeitpunkt sei die Nummer 116 schon leer gewesen. Aus der Hausnummer 114 sei der letzte Mieter in 2014 ausgezogen. Auf konkrete Nachfrage meint Scheffler, es könne auch 2013 gewesen sein.
Ihm wird eine Leerstandsmeldung des Bezirksamtes Altona vorgehalten, nach der der letzte Mieter aus den Häusern Breite Straße 114/116 am 31.05.2013 ausgezogen sei.
Ob er die Leerstandsanzeige kenne. Darauf sagt er „sie stellen eine gute Frage“. Er könne nicht sagen, wie die Leerstandsanzeige zustande gekommen sei. Jedenfalls sei das nicht auf seine Initiative hin passiert.
Auf die Frage, ob das Haus Nummer 116 im Jahre 2010 bereits leer gewesen sei, sagt er, das könne sein.
Ob die Mieter_innen sofort nach dem Kauf auf die Auflösung der Mietverhältnisse angesprochen worden seien? Das habe „noch gedauert“.
In 2010 oder 2011 habe er Gespräche mit den Mieter_innen der Nummer 114 aufgenommen. Vorher habe das die Verwaltung getan. Das sei die Firma „Suck und Müller“ aus Hamburg gewesen. Ansprechpartner sei ein Herr Zanken gewesen.
Es sei nicht auszuschließen, dass die Auszüge schon in 2006/2007 begonnen hätten, da die Häuser beim Kauf schon in schlechtem Zustand gewesen seien.
Die Verteidigung fragt, ob Scheffler bekannt sei, dass nach dem Hamburger Wohnraumschutzgesetz Leerstand genehmigungspflichtig sei.
Halbach belehrt nach § 55 (das heißt er müsse nicht aussagen bei der Gefahr der Selbstbelastung) , worauf sich Scheffler dann auch beruft.
Auf Nachfrage bestätigt Scheffler, in „seiner Zeit“ keine neuen Mietverträge mehr abgeschlossen zu
haben. Die Frage, warum keine befristeten Mietverträge abgeschlossen wurden, wie es das Gesetz bei Leerstand vorsieht, beantwortet er damit, die Wohnungen seien unbewohnbar gewesen.
Beim Kauf 2006 war das Haus Nr. 116 noch teilweise bewohnt. Bei Auszügen habe er keine neuen Mietverträge mehr abgeschlossen.
Beim Kauf der Häuser sei kein Abriss geplant gewesen, es sei nicht seine Art, Häuser zu kaufen um sie dann abreißen zu lassen.
Scheffler wird vorgehalten, dass er laut Grundbuch ab März 2006 als „Eigentümer“ aufgeführt ist und bereits am 06. April 2006 ein Antrag auf Erteilung einer Abrissgenehmigung gestellt wurde. Geplant war demnach der Neubau eines Hotels. Die Unterschrift unter dem Antrag stammt augenscheinlich von Scheffler.
Der findet, die Unterschrift sehe „komisch“ aus.
Abbruch sei von Anfang an mit eingeplant gewesen, der Antrag sei „scheinbar“ von ihm.
Die Idee für den Neubau eines Hotels sei wohl vom Architekten gekommen, das sei wohl mit ihm besprochen worden.
Die Verteidigung hält Scheffler vor, dass das Bezirksamt den Antrag auf Abrissgenehmigung im Juni 2006 zurückgestellt habe, weil ein Bebauungsplan erstellt werden sollte zum Erhalt der Häuser da diese stadtbildprägend seien. Daran will sich Scheffler nicht erinnern.
Auf die Frage, was denn aus dem Antrag geworden wäre, antwortet er, der sei über Jahre weiter gegangen, was nicht ungewöhnlich sei.
Die Verteidigung stellt fest, dass zu dem Zeitpunkt der Architekt gewechselt wurde. Sie möchte wissen, was denn der neue Architekt für einen Auftrag gehabt habe.
Scheffler antwortet, er sollte Klarheit darüber schaffen, ob die Häuser unter Denkmalschutz gestellt würden.
Es stell sich im weiteren Verlauf der Befragung heraus, dass das Bezirksamt für den Erhalt der Häuser war, es gab im Dezember 2009 einen Vorbescheid, der Neubau neben und hinter den Gebäuden vorsah.
Das habe Scheffler nicht weiterverfolgt, weil er neue Bebauung neben Altbauten für sehr „kompliziert und riskant“ halte. Er habe zu der Zeit auch Verkaufsbemühungen unternommen.
Für die „Kombination Neubau neben Erhalt“ würden sich aber nur schwer Interssent _innen finden lassen.
Am 15.12.2011 kam es zu einem neuen Antrag auf Erteilung einer Abrissghenehmigung.
Der Auslöser für den Antrag seien „wirtschaftliche Erwägungen“ gewesen.
Es kam auch 2011 bereits zu einem Vertragsabschluss, hier sei eine Abrissgenehmigung Bedingung gewesen.
Scheffler wird gefragt, warum letztlich die Abrissgenehmigung erteilt wurde. Der behauptet, das nicht zu wissen. Er habe dann mit Abrissgenehmigung das Haus verkauft.
Die Verteidigung möchte wissen, ob die Erteilung der Abrissgenehmigung mit dem neu beauftragten Architekteturbüro „Heyden und Hidde“ zu tun haben könnte. Hidde sitzt als Baupolitischer Sprecher für die GAL- Fraktion im Bauausschuss.
Scheffler behauptet, das sei ihm nicht bekannt gewesen.

Dann geht es um die Frage, ob verwertbare Gegenstände aus dem Haus entfernt worden seien.
Scheffler sagt, die Holzdielen seien entfernt und „für andere Zwecke“ aufbewahrt. Für diese Arbeiten sei durch den Hausmeister ein Tischler beauftragt worden.
Scheffler wird auf den Umstand hingewiesen, dass er bei der Sichtung des Videomaterials beim vorherigen Prozesstag ausgesagt hat, es seien nur punktuell – “nicht großflächig“ Dielen entfernt worden um nachzusehen, ob sich darunter Schwamm gebildet habe. Darauf bleibt Scheffler eine Antwort schuldig.
Die Verteidigung fragt, ob sich Scheffler erinnere, was er bei seiner Befragung durch Richter Halbach zum Thema Treppengeländer gesagt habe.
Halbach unterbricht mit der Bemerkung, er wolle hier „kein Quiz veranstalten“. Er lässt die Frage nicht zu.
Scheffler wird gefragt, ob verwertbares Material aus dem Haus gesichert worden sei.
Der verneint das. Halbach hakt nach, dass auf dem Bildern und den Videos kein Treppengeländer zu sehen sei. Ob er es habe rausreißen lassen. Scheffler verneint das.

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22. Tag, 6.6.2016 – Kurzzusammenfassung – Einlassung eines Beschuldigten & Zeugin die früher im Umfeld einiger Beschuldigter war

Gleich zu Beginn des Verhandlungstags ließ der einzige Beschuldigte, für den auf jeden Fall Erwachsenen-Strafrecht gilt, von seinem Anwalt eine Einlassung vorlesen.
Er gab zu, dass die Vorwürfe, er sei derjenige der Waschbeckenteile geworfen und einen Farbeimer ausgeschüttet zu haben, zuträfen. Auch der Besetzungsvorwurf sei grundsätzlich richtig. Bewurf von schweren Gegenständen habe er nicht mitbekommen. Er habe damals und auch heute schwere Verletzungen ausgeschlossen. Sollte jemand verletzt worden sein möchte er sich entschuldigen. Von einer brennbaren Flüssigkeit im Treppenhaus habe er nichts gewusst und andere hätten auch nicht darüber gesprochen. Anfänglich waren sehr viele Leute im Haus.
Die Sache sei aus dem Runder gelaufen, damals sei er quasi obdachlos gewesen, bei gleichzeitigem Leerstand. Mittlerweile hätte er die Einsicht, dass es sinnvollere Wege gäbe damit umzugehen.

Richter Halbach nutzt die Einlassung um Druck aufzubauen, dass die anderen Beschuldigten sich ebenfalls einlassen sollten. Das Verfahren werde noch eine Weile dauern und auch bei Jugendlichen sei eine Kostenfolge möglich.

Die Zeugenbefragung des Hausmeisters Herr Haagen ist hier ausgelassen.

Am Nachmittag war Florenzia Felsendorff, als Belastungszeugin geladen. Sie befand sich früher im Umfeld einiger Beschuldigter. Sie hat mehrfach bei der Polizei ausgesagt und dabei mehrere der Beschuldigten belastet. Bei ihrer Zeuginnenbefragung gab sie nun an damals betrunken aus Wut und Eifersucht ausgesagt zu haben. Sie war 1/2 Jahr mit dem Beschuldigten der die Einlassung gemacht hat zusammen, er hätte sie betrogen, eine Trennung sei nie schön. – Ihre Aussage hatte zu seiner Festnahme und den darauf folgenden ca.6 Monaten U-Haft gesorgt.
Eigentlich hätte sie aber weder vor der Besetzung noch danach wirklich etwas gewusst. Die Bilder der Festgenommenen hatte sie in der Zeitung gesehen, aber bei Bildern von Vermummten während der Besetzung keine Person erkannt. Ansonsten hatte sie Gerüchte gehört. Andere Aussagen wären allgemein gesprochen gewesen.

Ein ausführlicher Prozessbericht mit Zusammenfassung des gesamten Tages folgt.
Am 11. Und 18.Juli findet das Verfahren nur bis max.12.30h statt.

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20. Prozesstag – 23.05.2016 – Der ehemalige „Eigentümer“ sagt aus – er hat das Haus als Spekulationsobjekt gekauft, es verkommen lassen, Wohnraum vernichtet und damit knapp 2 Mio € verdient.

Halbach startet mit verschiedenen An- und Verkündigungen.
Die Anträge der Verteidigung bezüglich der zeitlich korrekten Umbesetzung der Schöffen werden abgelehnt.
Kommenden Montag würden geladen: auf 9h Olli, der Beschuldigte dessen verfahren abgetrennt wurde – wobei dieser sich sicher auf §55 beziehen werde und wenn seine Verteidigung sagen würde dass dieser sich auf §55 berufe müsse er auch nicht kommen, 10h Polizist Scheffelmayer und 13h Frau Röscheisen – zur DNA-Analyse

Dann stellt Halbach einen Antrag zum Selbstleseverfahren von diversen Berichten & Anlagen z.B. Zusatzberichte zu den Festnahmen, zur Hausbesetzung, zum Waschbecken, zur Räumung, Tatotberichte des LKA, zu Sprengstoff, zu Videos, Tatortbefund, Kurzberichte zu den Beschuldigten, Aufnahmeberichte der JVA, Spurensicherungsberichte LKA…

Die Verteidiger_innen beantagen die Ablehnung des Selbstleseverfahrens.
Zudem will die Verteidigung vor der Ladung von Frau Röscheisen Einblick in die konkreten elektrophoreischen Ergebnisse der DNA-Analysen.

Der ehemalige Haus“eigentümer“ Frank Scheffler, 67 Jahre gibt an selbstständiger Kaufmann aus Hamburg zu sein.

Auf Nachfrage von Richter Halbach gibt er an, dass Eigentümerin der Häuser seine GmbH Frankonia gewesen sei. Diese gehöre zu 100% ihm. Er habe die Häuser etwa 2004 als getrennte Häuser erworben für je 600.000€, dazu ein Grundstück hinter den Häusern für 300.000€ mit der Auflage dort Wohnraum zu schaffen (bis heute ist dort kein Wohnraum geschaffen worden, die Häuser stehen komplett leer und das Grundstück ist unbebaut).
In seiner Erinnerung gab es zwei Besetzungen, wobei die erste mehr eine Demonstration auf dem Bürgersteig gewesen sei, da sei keine_r im Haus gewesen. Wegen der zweiten werde ja heute verhandelt. Beide wurden von der Polizei beendet. Teilweise waren die Häuser auch noch bewohnt.

Die erste Besetzung, die mehr eine Demonstration gewesen sei, stünde in seiner Erinnerung im Zusammenhang mit einem Zeltlager zu, der Fachbegriff fällt ihm nicht ein, das hat er nur dunkel in Erinnerung – sie war etwa ein halbes bis ein Jahr vor der eigentlichen Besetzung.

Zu der zweiten Besetzung erinnert er, dass die Fahrbahnen gesperrt waren, auf der rechten Seite stadtauswärts standen Polizeifahrzeuge, die Bürgersteiganlage war von Zuschauer_innen belegt, die das Geschehen angesehen und kommentiert haben. Der Bürgersteig war übersät von Schutt und Farbe und die Polizeibeamt_innen sahen schmutzig aus.

Nach der ersten Besetzung/Demonstration habe er die Sicherungsmaßnahmen veranlasst – gegen unbefugten Zutritt. In Haus 116 habe er die Tür von Innen verplanken lassen mit Hartfaserplatten und Stützpfeilern. Nach seinen Begriffen war es ziemlich solide. Die 114 habe er von außen mit Hartfaserplatten verschrauben lassen und mehrere Fenster auf der Rückseite zumauern lassen und/oder von innen verschrauben lassen. Die Sicherungsmaßnahmen habe der Hausmeister Holger Haagen auf seine Veranlassung durchgeführt. Alles was der Hausmeister gemacht habe habe er veranlasst.

Am 27.8. habe ihn das Polizeikommando 21 oder 23 angerufen und informiert und nochmal gefragt ob er einer Räumung zustimmen würde, obwohl er das zuvor schon Aktenkundig gemacht habe. Er glaubt es sei Usus, dass sich das PK vorher schon eine Genehmigung erteilen lässt, dass die Eigentümer_innen einer Räumung zustimmen. Seine Zustimmung habe er etwa zwei Jahre vor der Räumung erteilt.
Er sei dann mit dem PKW hingefahren und zwischen 0 und 2 Uhr angekommen, die Besetzung lief noch. Im Haus sei er erst Wochen später wieder gewesen mit einem zivil gekleideten Polizist vom Staatsschutz. Das Haus sei drinnen ziemlich zerstört gewesen, Flüssigkeit im Treppenhaus sei noch feststellbar gewesen, er musste über Nachtspeicheröfen steigen und er erinnert Feuerlöscher. Die gab es vorher nicht. In der 116 war kein Treppengeländer, dieses will er nicht heraus genommen haben. Im Rahmen der Sicherungsmaßnahmen war er mehrfach im Haus. Diese hätten in der 116 vier bis sechs Monate vor der Besetzung stattgefunden.
Auch nach Anbringen der Sicherungsmaßnahmen sei er noch im Haus gewesen, er sei über das Dach von der 114 gegangen, als Haus“eigentümer“ solle man sein Haus kennen. Ein zweiter Weg war auf der Rückseite von der 116 durch einen Schacht nach unten, auch durch diesen ist er mit dem Hausmeister rein gegangen. Er sei in den letzten vier Wochen vor der Besetzung noch im Haus gewesen.

Dann will Halbach ein Video von der Räumung gucken, das zeigt wie die Cops in das Haus gehen. Halbach unterbricht immer wieder um zu irgendwas nachzufragen. Wichtige Anschlussfragen der Verteidigung unterbricht er. Er wolle das Video ohne Anschlussfragen durchlaufen lassen sonst werde es nie fertig. Dennoch fragt er nach einzelnen Sachen. Die Verteidigung interveniert, es gehe nicht dass auf einzelne Sachen hingewiesen werde und der Zeuge so beeinflusst. Das Video wird dann ohne weitere Unterbrechung zu Ende geguckt.

Danach fragt Halbach nach Veränderungen im Haus. Scheffler gibt an die herumliegenden Feuerwerkskörper seien vorher nicht da gewesen. Er könne auch ergänzen, dass er vom Bürgersteig aus gesehen habe, wie eine vermummte Person Feuerwerk auf Beamt_innen geworfen habe und von einer Person die sechs Meter neben ihm stand unterstützt wurde.

Im Gespräch zum Video gibt er an, dass es keine Feuerlöscher im Haus gegeben habe. In der 116 sei schon früh der Strom gesperrt worden. Halbach fragt nach allen möglichen Dingen (Nato-Draht, Bretter mit Nägeln etc.) bei denen Scheffler angibt nichts mit diesen zu tun zu haben.

Als Scheffler das Haus gekauft habe sei es noch in Teilen vermietet gewesen. Es sei verwahrlost gewesen, so das nicht Plan war neu zu vermieten. Sein wirtschaftliches Ziel sei eine Renovierung gewesen oder Abriss mit Neubau. Dafür müssten die Wohnungen von Mieter_innen frei sein. Er habe mit einem Architekturbüro Ideen durchgespielt. Für alles mussten beide Häuser komplett leer sein, das war 2014 so weit. Ende 2014 habe er die Häuser dann verkauft. Er habe nicht wegen Steuerersparnis 10 Jahre gewartet. Für alles zusammen habe er etwa 3,5 Mio € bekommen und mehrere 100.000 € schmerzlicher Steuern zahlen müssen (gekauft für 1,5 Mio €).

Nach der Mittagspause will der Staatsanwalt das Video noch einmal an einer bestimmten Stelle sehen, dort meint er die Holzverstärkung an der Eingangtür zu erkennen. Es bleibt unklar was zu sehen ist, da aber ein Herd und an der Wand lehnende Türen zu sehen sind fragt Halbach nach diesen.
Scheffler gibt an seine Konstruktion sei wie beschrieben, aber ein Herd und einige Türen standen in diesem Bereich an der Wand. Er beginnt von den Pflichten als Eigentümer zu sprechen die Fluchtwege freizuhalten, was zu Gelächter im Publikum führt und zu einer Ermahnung durch Halbach. Die Verteidigung fragt nach ob er mit einer verbarrikadierten Tür „Fluchtwege freihalten“ meint und Scheffler gibt an von seiner allgemeinen Auffassung gesprochen zu haben. Die Verteidigung hakt nach, da die Frage nicht beantwortet wurde und wird von Halbach daran gehindert der Frage auf den Grund zu gehen.

Es folgen die Fragen der Verteidigung.
Es stellt sich heraus, dass Scheffler nicht genau sagen kann wann und wie oft er wirklich im Haus war. Er gibt aber an etwa monatlich drin gewesen zu sein. Auf Nachfrage kann er jedoch keine wirkliche konkrete Erinnerung zeigen. Er redet lediglich allgemein davon, dass sie (er und der Hausmeister) die Häuser begehen um Gefahrenmomente zu erkennen, u.a. hätten sie bei einer solchen Begehung festgestellt, dass im Winter im Haus übernachtet wurde. Sie seien meist durch die weniger verbarrikadierte Tür rein, die Schlüssel habe Herr Haagen gehabt. In der 116 war er nicht regelmäßig, das Haus sei ja unbewohnt gewesen, Strom und Wasser seien abgestellt gewesen – also keine Sicherheitsrisiken da gewesen. Wann genau die Sicherungsmaßnahmen gewesen seien weiß er nicht, er habe diese aber abgenommen. An die Abnahme der Arbeit hat er jedoch keine genaue Erinnerung. Er beschreibt den Weg, jedoch in einer Art und Weise die nahelegt, dass es eher Schlussfolgerungen sind.

Als letzter Mieter zog ein Architekt aus, der habe es besonders spannend gemacht und über eine Abfindung verhandelt. Auch mit diesem habe er sich ohne Streit einigen können. An andere Mieter_innen könne er sich nicht genau erinnern, aber sie seien alle im Einvernehmen ausgezogen.

Die Dachluke sei nicht gesichert worden um eine Begehbarkeit zu gewährleisten.

Zum Tag der Besetzung gibt er an er sei hin gegangen, habe entfernt geparkt und sich als „Eigentümer“ zu erkennen gegeben. Er habe sich nicht ausgewiesen, das wurde ihm so geglaubt. Zur Sicherung der Tür wurde er befragt, konkret auch dazu ob diese aufgebrochen werden dürfe. Den Namen seines Gesprächspartners erinnert er nicht. Er kann ihn auch nicht beschreiben, nicht einmal ob er in Uniform oder in Zivil gewesen sei. Er habe die Sicherung beschrieben. Er erinnert, dass zu diesem Zeitpunkt schon Polizei auf dem Dach gewesen sei. Bei dem Gespräch kam der Weg über das Dach nicht zur Sprache weil schon Polizei auf dem Dach gewesen sei. An konkrete Fragen und Antworten erinnert er sich nicht. Andere Zugänge ins Gebäude seien in dem Gespräch aber nicht diskutiert worden.

Zum fehlenden Geländer befragt gibt er an, dass dieses aus Holz gewesen sei, mit gedrechselten Stützen unter dem Handlauf. Er habe eine konkrete Erinnerung an dieses, nur nicht an die Farbe. Die Geländer seien in beiden Häusern etwa gleich gewesen, jedenfalls aus Holz.

Versicherungsschäden habe es in der 116 sicher gegeben, aber eine genaue Erinnerung habe er nicht.

Die Häuser habe er gleichzeitig erworben, das Grundstück später mit klarer Auflage Wohnraum zu schaffen. Ob es eine Vereinbarung darüber gab bis wann dieser Wohnraum geschaffen werden sollte könne er nicht sagen und sehe auch nicht, was das mit diesem Verfahren zu tun haben solle. Er sei auch nicht vorbereitet auf diese Frage, konkret mit Zeiten könne er nur Fragen beantworten auf die er sich vorbereitet habe.

Im Laufe der Zeit habe er mit dem Denkmalschutzamt gesprochen um die Häuser aus wirtschaftlichen Erwägungen unter Denkmalschutz zu stellen. Dies habe nicht geklappt. Danach gab es Planänderungen, nach denen er dann auch verkauft habe. Die geplanten Wohneinheiten habe er auf 19 verringert um ganz sicher zu gehen, dass er nicht vom Hamburger 1/3-Mix betroffen sein würde, das heißt um sicher zu gehen, dass er keine Sozialwohnungen schaffen muss.

Die Befragung endet aus Zeitgründen und wird am kommenden Montag fortgesetzt.

Geladen sind:

9:00 Haus“eigentümer“ Scheffler
13:00 der Betroffene dessen Verfahren wegen einer Therapie abgetrennt wurde
13:15 Polizist Herrmann
15:00 Polizist Scheffelmayer

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19. Prozesstag – 09.05.2016 – Schöffenwechsel und als Zeuge geladener Beschuldigter verweigert die Aussage nach § 55 (mögliche Selbstbelastung)

Der Prozess beginnt um 10h statt um 9h, da einer der Beschuldigten sich verspätet.

Halbach beginnt mit der Feststellung, dass der Schöffe Herr G. aufgrund einer Krebserkrankung nicht mehr teilnimmt und stattdessen der bisher dabei sitzende (Ersatz-) Schöffe dessen Platz einnimmt.
Kopien zu diesem Vorgang werden an die Verteidigung und den Staatsanwalt verteilt.

Dann fragt Halbach den verspäteten Beschuldigten nach dem Grund und ob er verschlafen habe.
Dieser erklärt, dass er trotz gestelltem Wecker von diesem nicht geweckt wurde, daher um 8.45h aufwachte und mit dem Taxi kam, so dass er um 9.35h eingetroffen ist. Halbach weißt darauf hin, dass er letzte Woche alle ermahnt habe. Das Gericht habe heute davon abgesehen Haftbefehl zu erlassen und diesmal wäre keine Verschonung gekommen, denn die Kammer hätte eine klare Segelvorgabe bekommen.
Nach einer Lesepause für ausgeteilten die Kopien sagt Halbach, dass der eigentlich vorgesehene Polizeizeuge Freudenberg nicht kommt.
Die Verteidigung bittet um eine 3 stündige Unterbrechung, da der Schöffenwechsel eine komplexe Rechtsfrage ist, mit dem Problem, dass möglicherweise jetzt reagiert werden muß und evtl. auch eine Rüge verlangt.
Halbach ist einverstanden bis 14h zu unterbrechen damit eine Stellungnahme oder Rüge gefertigt werden kann. Vorher will er aber zu ende bringen: Freudenberg befindet sich im Urlaub, auch der ehem. Hauseigentümer Herr Scheffler ist bis 10.5. nicht in Hamburg – wird aber auf den nächsten Sitzungstag am 23.5. auf 10:30h geladen, Freudenberg auf 9h.
Daran schließt er an alle den Hinweis, dass der Hintergrund dafür weshalb es keine Zwangsmittel wegen des Zuspätkommens gab ausschließlich sei, weil beide Zeugen nicht da sind. Bei erneutem Zuspät erscheinen sei dies anders.

– Pause für die 3 stündige Unterbrechung –

Die Verteidigung stellt einen Antrag gegen den Schöffenwechsel. Dieser ist rein rechtlich unzulässig. Der Schöffe ist bis 20.6.2016 gesetzlicher Richter. Erst danach kann ein neuer Schöffe eingesetzt werden. Das Verfahren müsse also bis dann ausgesetzt werden. Halbach sagt, dass er das anders sieht und zu gegebener Zeit darüber entscheiden wird und will nun weiter Zeugen hören.

Er ruft den Betroffenen aus dem anderen Verfahren auf (bei dem auch die Hausdurchsuchung (Link) war) und belehrt ihn dass er nach §55 nichts sagen müsse. Der Zeuge sagt nicht aus. Halbach schließt die Befragung so schnell dass, die Zeugenbeiständin keinen Antrag (finanzielle)Entschädigung stellen kann und dieses nun schriftlich machen muss.

Danach beginnt Halbach wieder Fotos aus der Akte auf Papier rum zu geben. Pfeile und Kreise auf den Bildern sollen ignoriert werden.

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Aufruf zum kommenden Prozesstag – Zeugenvernehmung des Hauseigentümers und eines weiteren Beschuldigten

Am kommenden Montag, den 09.05.2016 wird im Prozess gegen die Beschuldigten im Zusammenhang mit der Hausbesetzung in der Breiten Straße der Hauseigentümer (Frank Scheffler) am Vormittag bei Gericht vernommen. Kommt zur Verhandlung, unterstützt damit die Beschuldigten und zeigt dem Hauseigentümer, dass Besetzung von Leerstand politisch sinnvoll und legitim ist.
Außerdem ist ein weiterer Beschuldigter, gegen den in einem separaten Verfahren ermittelt wird, als Zeuge geladen. Er soll gegen 13:30 Uhr vernommen werden. Ein weiterer Grund am Montag im Gerichtssaal zu sein. Lasst auch ihn nicht alleine und unterstützt ihn durch eure Anwesenheit.
Leerstand zu Wohnraum!
Solidarität mit allen Beschuldigten im Breite Straße Prozess!

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Anklage wegen versuchten Totschlags zurückgenommen

Heute, Montag, den 25.04.2016 ist am 18. Verhandlungstag im Verfahren wegen der Besetzung in der Breiten Straße 2014 vom Vorsitzenden Richter Halbach verkündet worden, nicht mehr wegen eines versuchten Tötungsdeliktes zu verhandeln. Er hat ebenfalls die beiden zwar bislang noch offenen aber außer Vollzug gesetzten Haftbefehle zurückgenommen. Aktuell ist gegen keine der fünf zurzeit vor Gericht stehenden Angeklagten noch ein Haftbefehl offen. Damit ist die Spitze der Anklage eines versuchten Totschlags zusammengebrochen und Staatsanwaltschaft und Staatsschutz haben eine partielle Niederlage erlitten.

Nach den Zeug_innenbefragungen der Beamt_innen, die u.a. versucht haben die Tür zum besetzten Haus aufzubrechen, ist klar geworden, dass keine Lebensgefahr für die eingesetzten Kräfte bestanden hat. Die Polizei eigene Gefahrenprognose vor Ort sah die Beamten nicht Gefahr und befand beispielsweise die Begehung (der BFE) über die Dachluke als riskanter als den Bewurf vor dem Haus.

Mit dem Vorwurf eines Tötungsdeliktes sind im Laufe des Verfahrens Hausdurchsuchungen, Kommunikationsüberwachungen, Observationen und nicht zuletzt die mehrmonatige U-Haft gegen drei der Beschuldigten begründet und durchgesetzt worden. Auch die Medien hatten sich angesichts des Vorwurfes an einer dreisten Vorverurteilungskampagne beteiligt.

Dass der Vorwurf jetzt gekippt ist, belegt eindrucksvoll das Interesse von Bullen und Staatsanwaltschaft mit möglichst harten Vorwürfen in so ein Verfahren zu gehen, um eine Verurteilung zu erreichen oder zumindest der Öffentlichkeit ein möglichst extremes Bild zu zeichnen und zu hinterlassen.

Verurteilungen sind weiterhin offensichtlich gewollt und wahrscheinlich

Auch ohne den Vorwurf des Versuchten Totschlags geht der Prozess mit einer Verurteilungsgefahr weiter. Gefährliche Körperverletzung und Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion sind Vorwürfe, die möglicherweise zu Haftstrafen führen können.
Der Beschluss des Gerichtes kann bedeuten, dass eine sichere Verurteilung für den Justizapparat wichtiger ist, als der härteste Anklagepunkt. Die Befürchtung ein mögliches Urteil in der nächsten Instanz wieder aufgehoben zu sehen, kann durchaus eine Triebfeder für die Richter gewesen zu sein, um zu dieser Entscheidung zu kommen.

Solidarität mit den Angeklagten

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17. Prozesstag – 18.04.2016 – Befragung eines Polizist der BFE

Halbach gibt zu Beginn bekannt, dass dem Antrag der Verteidigung, eine Videosequenz erneut zu sichten – dieses mal in Zeitlupe – am nächsten
oder übernächsten Prozesstag nachgekommen wird. Es geht um die Stellen, an der eine Person mit Mateflasche in der Hand an Fenstern zu sehen ist.

Zeuge Alexander Klinnert (35) – Zugführer der Beweissicherungs und Festnahme Einheit (BFE), B340:

Halbach fragt erstmal nach Klinnerts Prozessvorbereitung.
Der habe sich seinen Zusatzbericht vom 28.08.20014 nochmal durchgelesen. Sonst nichts weiter.

Klinnerts Zug habe zu den „Eingreifkräften“ gehört, die im Rahmen der Squatting Days im Stadtgebiet eingesetzt waren um auf Hausbesetzungen zu reagieren.
Ihm sei eine Hausbesetzung in der Breiten-Straße 116 gemeldet worden. Außerdem die Info über Bewurf mit Pyrotechnick.
Die Technische Einheit sollte den Zugang zu Haus ermöglichen. Die BFE solle dann rein.
„Eventuell“ sei über die Führung zuvor Kontakt zum Eigentümer aufgenommen worden.

Während die Technik-Einheit gearbeitet habe, hätten die BFE rechts neben dem Eingang (Hausnummer 114) Aufstellung genommen.
Die Beamt_innen wären „permanent mit Pyrotechnischen und anderen harten Gegenständen“ beworfen worden, außerdem mit einer Flüssigkeit.
Da er selbst aber zu nah an der Hauswand gesatnden habe, habe er keine Personen in den Fenstern sehen können.
Nur die Person, welche die „rötliche Farbe“ aus dem Fenster geleert habe, hätte er gesehen.
Diese habe sich aus dem Fenster gebeugt, wobei sie einen Fuß auf einem Vorsprung unterm Fenster aufgestütz hätte. Diese Person will er auch beschreiben können.
Er beschreibt schwarze Kleidung, Sturmhaube und „dunkle Schuhe mit beiger Sohle“. Er vermute, es sei eine männliche Person gewesen.
Er habe im Nachhinein Teile eines Nachtspeicherofens und eines Waschbeckens auf der Straße liegen sehen. Was von wo kam könne er aber nicht sagen.
Die Beweissicherung habe gefilmt.

Seine Einheit habe dann die Freigabe bekommen, sich über das Dach des Nachbarhauses Zugang zum besetzten Gebäude zu verschaffen. Zu dem Zeitpunkt hätte er schon gehört, dass es „erste Verletze“ bei den Techniker_innen gegeben habe. Es sei die Rede gewesen von einer Schulterverletzung und von Atemnot.
Sie seien schließlich durch die Dachluke ins Haus. Auf dem Dachboden hätten sie „drei bis vier Schlafsäcke“ sowie Wasserflaschen vorgefunden.

Die Tür zum Treppenhaus habe keine Klinke mehr gehabt, so dass sie diese auframmen mussten.
Im Treppenhaus habe er eine Flüssigkeit wahrgenommen. Die habe er Aufgrund des Geruchs zunächst für Verdünner gehalten. Dann wäre er aber der Meinung gewesen, dass es sich wohl um Terpentin o.Ä. handeln dürfe. Genau könne er das aber nicht sagen, die Flüssigkeit sei aber über das gesamte obere Treppenhaus verteilt gewesen. Er habe dann auch eine vermutlich 5 Liter Dose auf den Stufen festgestellt. Diese habe er zur Seite räumen lassen. Dann seien sie weiter vorgerückt. Sie hätten dann noch zwei PET – Flaschen gefunden mit klarer Flüssigkeit und zerknülltem Staniolpapier. Diese hätten sie so stehen gelassen und Klinnert habe die Info an die Spurensicherung und die Entschärfer weitergegeben.

Vor dem Eingang zum 4. OG hätten sie Barrikaden aus dem Weg geräumt und seien weiter vorgedrungen.
Der Zugang zum 3. OG sei wiederum mit Barrikaden versperrt gewesen, diese habe aus „Unrat und Türen“ bestanden. Außerdem ein Nachtspeicherofen, der so auf der Treppe abgestellt worden sei, dass man ihn nur hätte „anticken“ müssen, um ihn die Treppe „herunterrauschen“ zu lassen.
Auf seine Anweisung hin hätten Kolleg_innen den Ofen „mit Mühe“ entfernt. Auf Personen seien sie bis dahin immer noch nicht getroffen, was ihn langsam etwas nervös gemacht habe.
Außerdem sei ein Teil des Treppenhauses durch Stacheldraht versperrt gewesen, den hätten sie erstmal mit Bolzenschneidern entfernen müssen.
Im 2. OG hätten sie auch keine Personen angetroffen. Allerdings habe er dort Fußabdrücke festgestellt. Klinnert habe dann in einem Zimmer aus dem Fenster zum Innenhof geleuchtet. Dort habe er im Gebüsch eine Schuhsohle und bei näherem Hinsehen eine Silhouette entdeckt.
Diese Info habe er nach draußen weitergegeben.
Anschließend habe er zwei Personen gesehen, die sich mit erhoben Händen auf die Beamt_inen an der Absperrung zubewegt hätten.
Nach seinen Infos hätte es zu dem Zeitpunkt fünf Festnahmen gegeben.

Dann sei es weiter Richtung 1. OG gegangen, wobei wieder Barrikaden aus dem Weg geräumt werden mussten.
Dort hätten sie einen Koffer mit Akkuschrauber gefunden. Außerdem sei dort ein Seil gewesen, das aus einem Fenster hing.

Die Tür Richtung Innenhof hätten sie nicht aufgemacht, dort seien zu viele Barrikaden aus Türen gewesen. Statt dessen hätten sie die Kellertür geöffnet (auch hier Barrikaden).
Auch hier seien keine Personen anzutreffen gewesen, Klinnert habe aber vermutet, dass die Besetzer_innen über den Keller ins Haus sind, was er auch so an die Spurensicherung und die Entschärfer weitergegeben habe.

Halbach fragt, ob bei Ankunft der BFE bereits die Technik-Einheit vor Ort gewesen sei.
Klinnert bejaht das, er glaube aber, die hätten da noch nicht gearbeitet.

Warum die BFE nicht den Schutz an der Tür mit übernommen habe.
Dafür seien sie nicht ausgerüstet.
Halbach will wissen, wie die Techniker_innen auf die Farbe reagiert hätten.
Klinnert erklärt, sie hätten sich weggedreht, wenn Farbe aufs Visier gekommen sei, „um Luft zu bekommen“.
Halbach erkundigt sich, ob Böller in Klinnerts Nähe aufgekommen seien.
-Ja, das sei der Fall gewesen. Ob die Laut gewesen seien?
Klinnert sagt aus, die Böller seien sehr laut gewesen und hätten „mit Sicherheit“ keine Zulassung gehabt.
Halbach führt aus, dass bisher immer von „Polenböllern“ die Rede gewesen sei. Ob Klinnert Erfahrungen mit solchen Böllern habe?
Der meint, dass sie bei Einsätzen „immer wieder“ damit beworfen würden.
Ein Kollege habe davon auch schonmal „Schrabnellen“ in der Ausrüstung davongetragen.

Halbach fragt, ob Klinnert beim Einsatz „Breite-Straße“ verletzt worden wäre.
Der verneint das.
Halbach fragt nach den Teilen des Nachtspeicherofens, die Klinnert gesehen haben will.
Der meint, dass es sich um einen Nachtspeicherofen gehandelt habe, sei seine Vermutung gewesen. Die Platten, die er gesehen haben will würde er von Nachtspeicheröfen kennen.
Ein Teil habe er auch runterkommen sehen. Es sei „ganz dicht neben oder hinter“ den Beamt_innen an der Tür aufgekommen.
Auf Halbachs Nachfrage, ob nun neben oder hinter der Technik-Einheit, antwortet Klinnert „ich bin der Meinung dicht hinter ihnen.“

Halbach fragt nach den Feuerlöschern. Ob einer geworfen wurde oder mehr.
Klinnert: Einer sei entleert worden und eine roter sei geworfen worden. Wo der landete, könne er nicht sagen.

Ob er gesehen habe, wie das Waschbecken geworfen wurde?
Ja, er vermute, es sei aus dem dritten OG gekommen. Es sei aber weniger geworfen worden, eher „gewuchtet“. Dabei sei ein Teil abgebrochen.
Ein „bewusstes Zerschlagen“ des Waschbeckens am Vorsprung habe er nicht beobachtet, er habe auch keine Person beim „Wuchten“ gesehen.
Wo das Waschbeckenteil gelandet sei habe er nicht sehen können, weil die Sicht durch andere Polizeikräfte versperrt gewesen sei.

Halbach fragt, ob das Nachbarhaus (Nr.118) bewohnt sei.
Klinnert bejaht das und sagt aus, sie seien dann von Dachluke zu Dachluke. Es sei ein Flachdach gewesen.
Die BFE habe eine eigene Leiter herangeschafft, um durch die Dachluke in den Dachboden zu gelangen.
Auf Nachfrage gibt er an, dass dabei durch eine Beamtin der Beweissicherung gefilmt wurde.

Auf Nachfrage gibt Klinnert an, die Flüssigkeit im Treppenhaus habe sich vom Dachboden bis zum 4. OG erstreckt. In seinem Bericht habe er von „Verdünner“ geschrieben, das könne aber nicht stimmen, da Verdünner ja sehr leicht entflammbar sei und er in dem Fall nicht den Befehl zum Weitergehen gegeben hätte.

Genauer zu dem Nachtspeicherofen befragt sagt Klinnert aus, dass dieser auf dem Treppenabsatz zum 2. OG quer im Weg gestanden habe.
Die Frage, ob der Ofen übergestanden habe, beantwortet Klinnert damit, dass er „komplett“ auf dem Treppenabsatz gestanden habe.

Zum Stacheldraht befragt sagt Klinnert, dieser sei „auf Brust- oder Kopfhöhe“ quer über den Flur gelegt worden.
Es habe sich um Stacheldraht mit kleinen Klingen gehandelt.

Die Türen, die den Zugang über den Hauseingang versperrten, seien miteinander verschraubt gewesen.
Die Kellertür sei von innen verbarrikadiert gewesen. Diese Barrikaden hätten sie entfernt.
„Irgendwas“ hätten sie dabei mit einem Bolzenschneider öffnen müssen.
Vor einem Kelleroberlicht habe ein Tritt gestanden. Klinnert vermute, dass dies der Eingang, nicht aber der Ausgang gewesen sei, da sich hinter den Oberlichtern erstmal Schächte befinden würden.

Nochmal zu dem Seil befragt, gibt Klinnert an, dass dies im ersten OG Richtung Innenhof aus dem Fenster gehangen habe. Es sei ein etwas dickeres Seil gewesen, zum Abseilen habe es wohl gereicht. Klinnert meint, vieles im Haus sei gut organisiert gewesen, die Befestigung des Seils sei ihm im Gegensatz dazu „zu provisorisch“ vorgekommen.
Nach dem Einsatz hätten sie auf die Kripo gewartet und dann auf dem PK 37 in Wandsbek oder dem PK 31 den Bericht geschrieben.

Dann werden die Videoaufnahmen der Beweissicherung vom Vordringen ins Haus gesichtet.
Klinnert kommentiert ab und zu. „Das ist der Stacheldraht, das ist die Flüssigkeit…“

Die Staatsanwaltschaft fragt, wann seine Einheit aufs Dach sei.
Klinnert sagt, nach etwa einer Stunde weil die Techniker_innen an der Tür erfolglos geblieben seien.
Der zweite BFE Zug habe über die Nr. 114 gehen wollen. Ob die Technik-Einheit da noch weitergearbeitet habe könne er nicht sagen.
Eventuell hätten sich Beamt_innen der Absperrung auf einem anderen Dach befunden.

Jetzt fragt die Verteidigung.
Wer alles in Klinnerts Einheit gewesen sei.
Das könne er nicht genau sagen, da er 35 „Mitarbeiter_innen“ habe, die nicht alle an dem Tag im Einsatz waren.
Sicher sei er sich auf jeden Fall bei Frau Sponagel. Das erinnere er deshalb so genau, weil sie „super“ mit der Kamera umgehen könne und er sie deshalb mit dem Filmen betraut habe.
Wer an dem Einsatz beteiligt gewesen sei könne aber über den Dienstplan nachvollzogen werden. Der könne bei der Geschäftsstelle angefordert werden.

Ob vor der BFE schon andere Beamt_innen auf dem Dach gewesen seien?
Klinnert erklärt, er habe die Meldung bekommen, dass auch die Dächer gesichert worden seien.
Welche Dächer könne er nicht sagen, vielleicht seien es auch die gegenüberliegenden Dächer gewesen.

Ob die BFE den Auftrag hatte, als Eingreiftruppe für Festnahmen zur Verfügung zu stehen?
Sie hätten den Auftrag gehabt, den Hundertschaften den Zugang zu ermöglichen, um den „rechtswidrigen Zustand“ zu beenden.
Warum die BFE den Auftrag hatte, zuerst ins Haus zu gehen?
Klinnert sagt, weil sie dafür ausgerüstet seien. Mit Bolzenschneidern und Rammen. Mehr könne er aus taktischen Gründen nicht sagen. Dafür habe er keine Aussagegenehmigung.

Auf Antrag der Verteidigung wird nochmal eine Videosequenz der Beweissicherungsaufnahmen vorgespielt. In der Sequenz ist die BFE auf den Dach und öffnet gerade die Dachluke.
Die Verteidigung fragt Klinnert, ob er verstehen könne, was einer der Beamt_innen dabei gesagt habe.
Der will nichts verstanden haben.
Es stellt sich heraus, dass einer der Beamt_innen sagt „oh ja, ihr kriegt schön den Arsch voll wenn wir reinkommen.“
Ob Klinnert wisse, wer das gesagt hat. Der behauptet, das nicht zu wissen.
Ob sich Klinnert vorstellen könne, warum der Beamte das gesagt hat?
Hier greift Halbach ein und meint, dass der Beamte möglicherweise einfach sauer gewesen sei.
Die Verteidigung erwidert, dass dazu ja die beteiligten Polizist_innen als Zeug_innen gehört werden können. Vielleicht habe dieser Beamte ja auch einfach Lust auf Gewalt gehabt.

Klinnert wird gefragt, ob er die Schuhe, die er im Gebüsch des Innenhofs gesehen haben will, einer Person zuordnen könne, was er verneint.
Es geht um die Berichtsfertigung. Die Verteidigung will wissen, wie die abgelaufen ist.
Klinnert sagt aus, dass die Kripo auf dem PK mitgeteilt habe, was sie Berichtsmäßig braucht.
Normalerweise liest er als Zugführer die Berichte seiner Kolleg_innen nochmal durch und „nimmt sie ab“. Dieses mal wurde die Abnahme aber von der Kripo übernommen.
Beamt_innen des LKA 4 und des Dauerdienstes seien dagewesen.
Auf Nachfrage fällt Klinnert dann noch ein, dass auch das LKA 7 vor Ort war. Das habe er ganz vergessen.
Wer von den einzelnen Abteilungen konkret anwesend war, könne er nicht mehr sagen.
Auf Nachfrage behauptet Klinnert, Richters vom Staatsschutz nicht zu kennen. Zumindest nicht persönlich.

Klinnert wird gefragt, ob sein Bericht auch „abgenommen“ wurde.
Der bejaht das.
Wie das abliefe? Klinnert sagt, der Bericht sei ausgedruckt dem LKA vorgelegt worden.
Diese Beamt_innen hätten ihn dann „überflogen“, bei eventuellen „Unklarheiten“ oder Rechtschreibfehlern würde der Bericht zum Verbessern
zurückgegeben.
Inhaltlich sei nichts verändert worden.
Bei ihm sei – soweit er sich erinnere – nichts beanstandet worden, der Bericht sei also sein Original.
Die Verteidigung fragt, wer seinen Bericht abgenickt habe. Namen erinnere Klinnert nicht mehr, es seien zwei Männer gewesen.

Nun geht’s nochmal um die Prozessvorbereitung.
Ob Klinnert auch an einer Schulung teilgenommen habe?
Der sagt, er persönlich habe nicht teilgenommen. Die Verteidigung hakt nach, wer denn Teilgenommen habe? Das könne Klinnert nicht beantworten.
Es gäbe ja die jährliche Schulung „Polizeibeamte vor Gericht“. Weil die Techniker_innen sehr selten vor Gericht auszusagen hätten und diese Fortbildung deshalb nicht so oft bekämen, sei die reguläre Schulung im Hinblick auf diesen Prozess für den Techniktrupp vorverlegt worden.

Die Verteidigung fragt, ob es sein könne, dass die Türen (Barrikaden) im Eingangsbereich vom Hauseigentümer dort abgestellt worden seien.
Klinnert meint, dass ihn das nicht überraschen würde, da der Eigentümer ja schonmal Probleme mit Besetzungen gehabt habe.
Die Verteidigung fragt, wie sich die BFE konkret zum Nachbargebäude Zutritt verschafft hätten.
Klinnert sagt aus, sie hätten geklingelt und ein Anwohner habe ihnen geöffnet.
Sie seien dann durchs Treppenhaus Richtung Dachboden. Dabei hätten sie keine Türen gewaltsam öffnen müssen. Ob ihnen der Anwohner weitere Türen aufgeschlossen habe oder ob das nicht nötig gewesen sei erinnere Klinnert nicht mehr.

Die Verteidigung fragt, wie das mit der Freigabe, übers Dach reinzugehen, abgelaufen sei.
Klinnert sagt aus, dass er bei einer Besprechungen der Zugführer_innen schon nach etwa einer halben Stunde den Vorschlag gemacht habe, über das Dach ins Haus zu gehen. Das sei zunächst abgelehnt worden. Nach einer weiteren halben Stunde sei dann die Freigabe gekommen.
Die Verteidigung fragt nach, wer genau bei dieser Besprechung anwesend war.
Das seien gewesen: Borsuzki, Roth, Baden und er selbst.
Verteidigung fragt, ob Klinnert gewusst habe, dass von Anfang an Polizeikräfte auf dem Dach gewesen seien.
Der antwortet „Nein… Ja, aber nicht auf welchem Dach.“ Es seien auf jeden Fall keine Beamt_innen der 1. oder 2. BFE gewesen.
Ob die 5. Einsatzhundertschaft dabei war, als er seinen Vorschlag vorgebracht hat?
Das könne Klinnert nicht sagen.

Nach der Entlassung des Zeugen Klinnert möchte die Verteidigung eine Erklärung abgeben.

Zur Tür befragt habe Klinnert angegeben, nicht wahrgenommen zu haben, wo die gelandet sei.
Auch nach der Vernehmung anderer Zeug_innen sei das nicht klar geworden.
Die Verteidigung möchte die einzelnen Zeug_innen und ihre Aussagen aufzählen.
Das wird von Halbach unterbrochen. Nach seiner Einschätzung würde das das Schlussplädoyer
vorwegnehmen.
Die Verteidigung merkt an, dass sie Klinnert Aussage in den Kontext zu den anderen Aussagen stellen will.
Halbach erklärt, dies würde er an dieser Stelle nicht zulassen, weil er gerne „unbefangen“ in die Beratung mit den Schöffen gehen wolle.
Die Verteidigung führt aus, dass sie eine formelle Erklärung zu ein und dem selben Beweisthema abgeben möchte, nämlich die Aussagen von Lehmann, Klingert sowie anderer Zeug_innen zum Aufprall der Holztür.
Halbach bleibt dabei, das nicht zulasssen zu wollen.
Die Verteidigung beharrt darauf, dass es der Einordnung der Aussagen diene, einen Zusammenhang herzustellen. Dies sei wichtig und könne ja wohl nicht zu „Befangenheit“ der Kammer führen.
Im Rahmen des rechtlichen Gehörs (§ 257 StPo) sei das wichtig. Es ginge darum, sich zum Stand der Sache zu erklären, auch um Transparenz zu gewährleisten.
Es handele sich auch lediglich um einen Teilbereich der Beweisaufnahme, nämlich um die Holztür.

Halbach will eine Erklärung nach § 257 StPo weiterhin nicht zulassen.(Nach 257 (2) ist der Verteidigung nach jeder einzelnen Beweiserhebung Gelegenheit zu geben, sich zu erklären.)
Halbach stützt sich bei seiner Ablehnung auf § 257 (3) StPo, wonach die Erklärung nicht den Charakter einer Abschlusserklärung haben darf.
Er würde aber eine Stellungnahme nach § 257 b zulassen. (Erörterung des Verfahrensstandes mit den Prozessbeteiligten.)

Die Verteidigung führt aus, dass Kilz, Holthusen und Höhn davon gesprochen hätten, die Tür sei irgendwo linksseitig aufgekommen. Lehmann habe die Tür im Nachhinein auf dem Boden liegen sehen. Koch hat ausgesagt, dass er gar nicht bemerkt habe, dass die Tür geflogen sei.
Staak und Ritter hätten die Tür auch nicht fallen sehen, sie hätten sie auch erst im Nachhinein liegen sehen.
Posselt habe ausgesagt, dass er vor dem Einsatz keine Tür auf der Straße gesehen habe, nach dem Einsatz habe er sie dort liegen sehen. Keine_r der Beamt_innen an der Tür habe gesehen, wie das Türblatt gefallen sei.
Schwarz habe die Tür zwar fallen gesehen, aber könne nicht sagen, wo sie landete. Oldenbusch habe keine Tür gesehen und Baden will sie zwar gesehen haben wie sie aus dem Fenster flog, könne aber auch nicht sagen, wo sie aufgeprallt ist und auch nicht, ob Beamt_innen in der Nähe waren.
Dose sagte aus, sie sei linksseitig der Polizeikräfte runtergefallen, den Aufschlag habe er nicht gesehen und auch nichts dazu sagen können,
wie nahe sie an den Beamt_innen aufkam.
Nikolaus sagt aus, die Tür sei 3 – 4 Meter neben den Beamt_innen an der Tür aufgekommen, er habe keine Gefährdung gesehen und deshalb weiterarbeiten lassen.
Auf dem Videomaterial sei zu sehen, dass die Tür fällt, aber nicht wo sie gelandet ist. Keiner_r der Beamt_innen könne sagen, an welcher Tür zu dem Zeitpunkt gearbeitet wurde, als die Tür runterkam.
Es sei kein Tötungsvorsatz erkennbar, da dafür die objektive Gefährlichkeit erkennbar sein müsse.
Nikolaus habe zudem eine Gefährlichkeit verneint, er habe ausgesagt, dass die schweren Gegenstände die Beamt_innen des Techniktrupps nicht erreichen könnten.

Halbach wettert, dass die Stellungnahme den Charakter eines Schlussplädoyers habe und dass er das kein weiteres mal zulassen würde.
Er weigert sich, die Erklärung schriftlich entgegen- und zur Akte zu nehmen. Es gelte das Mündlichkeitsprinzip.

Die Verteidigung gibt eine weitere Erklärung zum Aspekt des Betretens des Hauses ab.
Die Beamt_innen hätten zunächst lange an den Türen gearbeitet, dann sei die BFE über das Dach „spaziert“.
Es sei bekannt gewesen, dass der Zugang übers Dach leicht möglich gewesen sei.
Es sei also offensichtlich eine Abwägung zwischen der Gefährlichkeit erfolgt, entweder an der Tür weiter zu arbeiten oder über das Flachdach zu gehen. Letzteren Vorschlag habe Klinnert nach eigener Aussage bereits nach einer halben Stunde unterbreitet, dennoch wurde noch mindestens eine halbe Stunde lang versucht, die Tür zu öffnen.

Die Verteidigung gibt eine Erklärung zu ihrem Beweisantrag ab, die Videosequenz mit der Mateflasche erneut zu sichten.

Auf dem Video sei eine Person mit einer Mateflasche in der Hand an einem Fenster zu sehen. Dann schwenkt die Kamera zu einem anderen Fenster, hier sähe man eine Person mit der Tür.
Die Kamera schwenkt ein weiteres mal zu einem anderen Fenster, hier sei wieder die Person mit Mateflasche zu sehen. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass es sich dabei um die Person gehandelt habe, welche die Tür in der Hand hatte.
Der Staatsanwalt erklärt, er sei „für Anregungen offen“.

Halbach lässt schon jetzt das Video in Zeitlupe abspielen, weil dafür heute noch Zeit sei.

Zum 25.04. sind geladen:

Polizist Tybossek zu den Festnahmen im hinteren Bereich (Absperrung)
Polizist Roth zum selben Thema
Polizist Hermann

Halbach will sich außerdem zur Zwischenberatung äußern.

Posted in Prozessbeobachtung | Comments Off on 17. Prozesstag – 18.04.2016 – Befragung eines Polizist der BFE